Schutzvereins- und Mitbewerber-Klagen wegen DSGVO-Verstößen?

Schutzvereins- und Mitbewerber-Klagen wegen DSGVO-Verstößen?

Können Unternehmen wegen DSGVO-Verstößen in den AGB von Schutzvereinen oder Mitbewerbern sogar ohne Klageauftrag von verletzten Betroffenen vor Gericht gezerrt werden?

Der Österreichische Oberste Gerichtshof hat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Entscheidung ersucht (Beschluss vom 25.11.2020 zu 6Ob77/20x), ob ein Konsumentenschutz-Verein (gemäß § 29 KSchG) einen Verantwortlichen wegen eines Verstoßes gegen Pflichten gemäß DSGVO vor einem Zivilgericht klagen kann (z.B. auf Unterlassung und Urteilsveröffentlichung) – unabhängig davon, dass eine konkrete Person (Betroffene), welche in ihren Rechten gemäß DSGVO verletzt wurde, dem Verein einen Klage-Auftrag erteilt.

Der klägerische Verein behauptet eine Verletzung der DSGVO (Verstoß gegen datenschutzfreundliche Voreinstellungen und gegen das Transparenzgebot) durch Klauseln in den AGB bzw. Vertragsformblättern der Beklagten und stützt seine Klage auf § 28 ff KSchG. Die Beklagte wendet ein, dass die DSGVO zwar eine Verbands-Beschwerde bei der Datenschutz-Behörde vorsehe, nicht aber eine Verbands-Klage vor dem Zivilgericht. Da die DSGVO eine verbindliche EU-Verordnung darstelle, könne ein nationales Gesetz wie das KSchG nicht die Möglichkeit einer solchen Verbandsklage wegen eines DSGVO-Verstoßes schaffen.

Der OGH hat in seinem Beschluss auch die Klagemöglichkeit für Mitbewerber angeführt. Sollen auch diese ihre Konkurrenten wegen Verstößen gegen die DSGVO (als unlautere Geschäftspraktik) vor dem Zivilgericht auf Unterlassung etc. (s. § 14 UWG) klagen können, ohne Nachweis, dass ein Kunde des Beklagten in konkreten DSGVO-Rechten verletzt wurde und deshalb Klage-Auftrag erteilt hat?

Die künftige Entscheidung des EuGH kann daher weitreichende Folgen haben. Ohne Zweifel würde eine solche Klagemöglichkeit für Vereine und Mitbewerber den Druck weiter erhöhen, dass Unternehmen DSGVO-Pflichten einhalten. Eine solche Klagebefugnis könnte aber auch ein sehr wirksames Instrument für mächtige Großkonzerne werden, um vor Gericht systematisch gegen kleine und mittelständige Konkurrenten vorzugehen, welche über vergleichbare Ressourcen zu einer 100%-DSGVO-Compliance nicht verfügen. Dass solche (weitere) Wettbewerbsverzerrung im Sinn der DSGVO und anderer Grundrechte wäre, ist zu bezweifeln.

Auch der Deutsche Bundesgerichtshof hat dem EuGH die Frage nach einer weitgehenden Klagemöglichkeit von Schutz-Vereinen ohne Klageauftrag von einer verletzten Person vorgelegt (Beschluss vom 28.5.2020 zu I ZR 186/17). Er hat argumentiert, dass eine solche Klagemöglichkeit nicht bestehe.

Der Ball liegt beim Europäischen Gerichtshof. Es bleibt spannend.

Wien, am 26.1.2021

RA Dr. Markus Frank

 

27.01.2021